Der zweite Reisetag war bereits in meiner Vorstellung ein Höhepunkt. Obgleich auch dieser Tag Teil der Anreise in Richtung Königsberg sein sollte, erwartete ich ein geographisch eher kurzes Stück unserer Anreise mit besonderem Interesse. Den Grenzübertritt zwischen Polen und Russland. Dies mag die meisten meiner Mitreisenden überraschen, schließlich ist der Grenzbetrieb doch nur eine lästige Prozedur. Wenn ich aber zugebe mit Jahrgang 1993 der Jüngste unter den Reisenden zu sein, so lässt sich mein Interesse wohl erklären.
Bisher nur eifrig von der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union Gebrauch gemacht, sollte nun einmal eine "richtige" Grenze passiert werden. Besonders die Geschichten meiner Eltern und Verwandten, von Erlebnissen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, gingen mir durch den Kopf. Doch bevor ich die erfahrenen Grenzgänger mit meinen altersbedingten Umständen langweile, möchte ich lieber über einen für alle interessanten Teil unserer Reise berichten.
Unser kurzer Aufenthalt in Thorn wurde vor der Weiterfahrt mit einer Stadtführung gekrönt. Der polnische Stadtführer Christoph hatte als Erntehelfer an der Mosel nicht nur "Dornfelder, halbtrocken" kennengelernt, sondern auch die deutsche Sprache gut erlernt. Christoph zeigte uns die Altstadt von Thorn mit großer Hingabe. So musste der Fahrer eines parkenden Porsche SUV auf Christophs Anweisung hin den Motor abstellen, weil dieser seine Ausführungen störte. Von nun an ohne weitere Misstöne konnte wir durch die von Backsteingotik geprägte Altstadt der ehemaligen Hansestadt geführt werden. Eine Station unseres Rundgangs war das Geburtshaus von Nikolaus Kopernikus. Charmant löste Christoph hier den deutsch-polnischen Streit um die Nationalität des vor über 500 Jahren verstorbenen Astronomen. Dieser sei jedenfalls Europäer gewesen. Da wir unsere eigentliches Ziel noch nicht erreicht hatten, behielten wir uns weitere Sehenswürdigkeiten der schönen Stadt für das nächste Mal vor
Mit kurzer Rast neben der Marienburg überquerten wir die Nogat und erreichten schließlich den Grenzübergang zwischen Braunsberg und Heiligenbeil.
Nach etwa zwei Stunden hatte auch ich meine erste Grenzerfahrung gemacht. Letztlich erwies sich die Prozedur als nüchtern aber zeitintensiv. Gegen Abend erreichten wir das Hotel Турист in Königsberg.