
Gerfried Horst: Begrüßungsworte
Meine Damen und Herren,
im Namen der Baltischen Föderalen Kant-Universität und im Namen der internationalen Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs habe ich die Ehre, Sie heute hier im Dom, wo Immanuel Kant im Jahre 1724 getauft und 1804 begraben wurde, zur Feier seines 290. Geburtstags zu begrüßen.
Wir sind aus vielen Ländern hierher gekommen, weil Kant hier gelebt hat. Die Stadt, in der Kant lebte, sah ganz anders aus. Kants Mitbürger sprachen deutsch; die heutigen Bewohner dieser Stadt sprechen russisch. Sie betrachten jedoch Kant als ihren Landsmann und sind ebenso stolz auf ihn wie früher die deutschen Königsberger.
Die Stadt Kants ist im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, aber der Geist Kants ist nicht zerstört worden. In dieser Stadt, in Königsberg, ist 1795 die Schrift erschienen „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf von Immanuel Kant.“ Wie Sie alle wissen, hat Kant darin keine schönen Theorien aufgestellt, die aber für die Praxis nicht taugen. Sein philosophischer Entwurf ist für die Praxis gedacht. Kant verlangt, dass wir seinen Entwurf in die Tat umsetzen, und er zeigt uns auch den Weg dazu. Gerade in letzter Zeit ist uns allen wieder bewusst geworden, dass der Frieden die Grundvoraussetzung für das Leben der Menschen auf der Erde ist. Lassen Sie mich bitte den letzten Satz aus Kants Schrift zitieren. Bitte versuchen Sie, diese Worte in sich aufzunehmen, darüber nachzudenken, darüber zu meditieren und sich ganz mit den Gedanken Kants zu erfüllen:
Wenn es Pflicht, wenn zugleich gegründete Hoffnung da ist, den Zustand eines öffentlichen Rechts, obgleich nur in einer ins Unendliche fortschreitenden Annäherung wirklich zu machen, so ist der ewige Friede, der auf die bisher fälschlich so genannte Friedensschlüsse (eigentlich Waffenstillstände) folgt, keine leere Idee, sondern eine Aufgabe, die, nach und nach aufgelöst, ihrem Ziele (weil die Zeiten, in denen gleiche Fortschritte geschehen, hoffentlich immer kürzer werden) beständig näher kommt.
© 2017 Gerfried Horst